Gereimte Faschingspredigt 2013

Am Sonntag Estomihi, dem Faschingssonntag, predigte Pfarrer Hans Peter Weiß-Trautwein über das alte Evangelium des Sonntags, die Blindenheilung vor Jericho nach Lukas 18,31-43. Das Evangelium hat den Sonntag und den Fasching genauso geprägt wie die Brieflesung (Epistel) 1. Korinther 13, das Hohe Lied der Liebe. Liebe und Lieblosigkeit, blind sein und schauen gehören zu den zentralen Inhalten des Faschingssonntags.

 

Aus dem Grund, dass Fasching ist, habe er gewagt, zumindest einen Teil der Predigt, nämlich den Schluss, gereimt zu halten, so Weiß-Trautwein. Da viele darum gebeten haben, den Text zu veröffentlichen, wird er hier wiedergegeben. Wen der biblische Hintergrund interessiert, lese 1. Korinther 13 und Lukas 18,31-43. Dort wird er fündig werden.

 

 

Predigt zu Lukas 18,31-43

Sonntag Estomihi

Schluss der Predigt, und zwar in Reimen

 

Linsenhofen, 10. Februar 2013

 

 

Liebe Leute, mit Verlaub,

die Menschen sind oft blind und taub

für das, was wesentlich im Leben:

lieben, glauben, hoffen und vergeben,

sich versöhnen statt zu streiten,

Raffgier, Geiz und Neid vermeiden.

Nur wer teilt, wird glücklich sein.

Was hilft uns denn ein Herz aus Stein?

 

Doch ein Problem, das sehe ich,

bei jenen mit dem Herz aus Stein

wird keiner wie der Blinde schrei’n:

„Herr, ach Herr, erbarme dich!

Herr, ach Herr, erlöse mich!“

Sie sind so blind und drehen stumm

sich dauerhaft im Kreis herum

beim Tanz um Gold und Geld und Reichtum.

Ach, würden sie’s dem Blinden gleich tun!,

der bettelarm vor Jericho

den Heiland aller Welt erkennt

und am Ende herzlich froh

und sehend durch die Gassen rennt.

Dann mitzieht nach Jerusalem,

den schweren Weg und unbequem,

den selbst die Jünger nicht versteh’n.

 

Ob er geahnt, was kommen wird?

Ob er sich fragt: hab ich geirrt?

Wenn der Held der wahren Liebe

empfangen wird nur Spott und Hiebe

und auf Golgatha das Kreuz,

den Tod, den Fluch, das harte Holz?

 

Doch genau das zeigt in aller Klarheit

den Sinn der Liebe, der Liebe Wahrheit:

Liebe gibt und Liebe schenkt,

Liebe stirbt und wird gehenkt,

weil Liebe duldet und erträgt,

nicht Rache übt noch selber schlägt,

weil Liebe sich verschwendet,

und so das dunkle Unheil wendet.

Und wenn die ganze Welt zerbricht,

die Liebe bleibt, sie endet nicht.

 

Der größte Narr auf Erden ist,

wer diese Wahrheit blind vergisst.

Das ist der Sinn der Fasenacht,

von Köln und Mainz, wie’s singt und kracht,

den Spiegel uns vor’s Aug’ zu halten,

verkehrte Welt, wenn Narren walten.

Narren ohne Liebe in der Wissenschaft,

Narren ohne Liebe in der Politik,

Narren ohne Liebe in der Weltwirtschaft,

Narren ohne Liebe führen Krieg

und führen Terror zur Blüte,

Gott behüte!

 

Und wer die Macht hat hier auf Erden,

ohne Gott als Herrn zu achten,

kann sehr leicht dämonisch werden,

teuflisch nach Vernichtung trachten.

Was nach dem Tod auf Golgatha

hier und dort und oft geschah.

Blindheit für der Liebe Wert

hat das Leben stets zerstört.

 

Ach, Herr Jesus, mach uns froh,

und heil nicht nur vor Jericho

die Blinden und die Tauben,

die nicht an deine Liebe glauben.

Lass endlich alle Menschen schauen

das Licht der Liebe und vertrauen

auf das, was wesentlich im Leben:

lieben, glauben, hoffen und vergeben.

 

Amen.