Die Kirche ironisch beäugt

Ein ganz besonderes Geschenk für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben sich die Leitungsgremien der evangelischen Kirchengemeinden Frickenhausen, Linsenhofen und Tischardt ausgedacht: am Samstag, 24. Februar waren alle, die das Jahr über ihre Zeit, ihre Kraft, ihr Engagement an unterschiedlichen Stellen in den Kirchengemeinden einbringen, mit ihren Familien in die Festhalle des Erich-Scherer-Zentrums in Frickenhausen eingeladen. Eine große Besucherschar ist der Einladung gefolgt. Dieses Geschenk sollte auch ein Zeichen des Zusammenwachsens unserer Kirchengemeinden sein, wie Pfarrer Wilfried Scheuer und Pfarrer Gerhard Bäuerle in ihrer Begrüßung betonten.
Sören Schwesig, Stadtdekan in Stuttgart und Peter Schaal-Ahlers, Citypfarrer in Ulm, boten als „Die Vorletzten“ ein Kirchenkabarett vom Feinsten. „Zwei in einer großen Stadt“ stand als Thema über dem amüsanten, abwechslungsreichen Abend.
Mal nur sprachgewandt, ein anderes Mal mit von Sören Schwesig improvisierter musikalischer Ummalung, setzten Peter Schaal-Ahlers als der derbe Urschwabe und der feine, eher der gehobenen Gesellschaft zuzuordnende Sören Schwesig in wechselnden Rollen und unterschiedlichen Darstellungsformen allgemein menschliche, sowie spezifisch kirchliche Themen in Szene.
So manch einer oder eine hat sich wiedergefunden in der Umschreibung der innerkirchlichen Milieus, die mit anschaulichen Beispielen und witzigen Umschreibungen vorgestellt wurden. Besonders die vergessene Zielgruppe: die Männer, dürften sich zum Großteil angesprochen gefühlt haben, ging es doch um ihre besondere Leidenschaft – der Besuch des Baumarkts mit all seinen Versuchungen und Freuden. Dass diese Aktivität zu Hause nicht nur Freude, sondern durchaus auch heftige Streitgespräche auslösen kann, wurde durch kräftiges Gelächter bestätigt.
Auch welch positive Seiten ein Stau in Stuttgart haben kann, konnte das Publikum an diesem Abend erfahren und dass die Menschheit durchaus von den Ameisen lernen könnte, die immer aufs Gemeinwohl bedacht sind und lieber rechts ausscheren und die anderen vorbei lassen, als sich dem Gedränge anzuschließen.
Die beiden Kabarettisten haben es verstanden, einen ironischen Blick auf die bürokratischen Auswüchse in der Württembergischen Landeskirche zu werfen. Am Beispiel einer delikaten Situation in einer kleinen württembergischen Gemeinde, in der schwule Störche auf dem Kirchturm nisten, wurde die ganze Tragweite der Bürokratie deutlich. Aber wie im wirklichen Leben wurde auch hier die wie sonst auch passende Lösung angewandt: Ein Sichtschutz um das Storchennest löst das Problem, denn was man nicht sieht, das gibt es nicht!
Einblick in den Berufsalltag einer Pfarramtssekretärin wurde ebenfalls geboten und es blieb der Eindruck, dass dies doch ein sehr erstrebenswerter, weil sehr selbstbestimmter und verantwortungsvoller Beruf ist, da sogar der Prälat auf den Rat einer Pfarramtssekretärin hört!
Bei allen Späßen gab es doch auch humorvoll verpackte geistliche Erkenntnisse. So berichteten die beiden Pfarrer davon, wie sie ihre ganz persönliche reformatorische Offenbarung erlebt und endlich verstanden hatten, wie Gnade ganz praktisch im Alltag erlebt werden kann: das Glück, schnell genug den letzten Parkplatz weggeschnappt oder im Lehrerzimmer den letzten Kaffee ergattert zu haben. Hier werden die ersten Verse aus Psalm 103 ganz praktisch: Lobe den Herrn meine Seele und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.
In der Pause gab es bei Getränken und Knabbereien die Möglichkeit zur Begegnung mit den anderen MitarbeiterInnen, die man zum Teil bisher noch gar nicht kannte.
Mit guten Ratschlägen für ein glückliches Leben, wie z.B. das Aussortieren von Kontakten aus dem Smartphone, die nicht gut tun, ging die Show dann zu Ende. Mit auf den Weg gaben die beiden Spaßvögel noch den Ratschlag, auf bestimmte Dinge heiter und gelassen zu reagieren: „Lache und die Welt lacht mit dir, schnarche und du schläfst allein.“ Der Eindruck, der blieb: Humor ist in der Kirche nicht nur erlaubt, sondern ausdrücklich erwünscht!
Elvira Jaiser